Sehr geehrte Damen und Herren,
die Corona-Krise stellt Deutschland vor beispiellose Herausforderungen. Seit März wurde deshalb mit vielen verschiedenen Maßnahmen die Ausbreitung der Infektionen verlangsamt, die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems weiter erhöht und zugleich die wirtschaftlichen Folgen der Krise soweit wie möglich abgemildert. Hierzu gehören umfangreiche Hilfsprogramme in Milliardenhöhe für Solo-Selbständige und Unternehmen aller Größenordnungen.
Am 03. Juni 2020 hat die Koalition das Konjunkturpaket beschlossen, um nach den Lockerungen möglichst schnell und zielgenau die Wirtschaft wiederzubeleben und die Kaufkraft zu stimulieren. Um den Konsum anzukurbeln, gehört zu den Instrumenten auch die auf ein halbes Jahr, vom 01. Juli bis 31. Dezember 2020, begrenzte Senkung der Mehrwertsteuer: Der normale Steuersatz sinkt dann von 19 auf 16 Prozent und der ermäßigte von 7 auf 5 Prozent.
Unternehmen erhalten zudem für die Steuerjahre 2020 und 2021 befristet verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für bewegliche Wirtschaftsgüter wie beispielsweise Maschinen. Durch diese sogenannte degressive Abschreibung werden Investitionsanreize gesetzt. Auch die Möglichkeit, Verluste steuerlich mit Gewinnen des Vorjahres zu verrechnen, wird ausgeweitet. Außerdem kann der Rücktrag schon in der Steuererklärung für 2019 nutzbar gemacht werden.
Auch Familien können sich freuen: Das Kindergeld wird um den so genannten „Kinderbonus“ um einen Einmalbetrag von 300 Euro erhöht. Ein Anspruch auf den Kinderbonus besteht für jedes Kind, das im Kalenderjahr 2020 für mindestens einen Kalendermonat Kindergeld bekommen kann. Zudem werden für Alleinerziehende die Freibeträge verdoppelt. Ihr Steuerfreibetrag steigt in den Jahren 2020 und 2021 von derzeit 1.908 Euro auf 4.008 Euro jährlich.
Weiterhin steigen durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie die Ausgaben in allen Sozialversicherungen. Das würde dazu führen, dass die Arbeitnehmer weniger Nettoeinkommen zur Verfügung stehen hätten und für die Arbeitgeber die Arbeitskosten steigen würden. Das führt zu einer Verteuerung des Faktors Arbeit, der in Deutschland ohnehin sehr hoch ist und nur durch die hohe Produktivität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wettgemacht wird. Sollten die Lohnnebenkosten allerdings weiter steigen, kann das für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland eine Gefahr werden. Aus diesem Grund werden die Sozialversicherungsbeiträge mit einem Bundeszuschuss von 5,3 Mrd in 2020 stabilisiert, damit sie nicht über 40 Prozent steigen.
Auch Strom wird ab 2021 für Verbraucherinnen und Verbraucher günstiger. Dafür soll die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom-Anlagen durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt abgesenkt werden. Die Umlage droht vor dem Hintergrund der Corona-Krise stark anzusteigen. Deshalb wird die Umlage bei 6,5 Cent für 2021 und 6 Cent pro Kilowattstunde für 2022 festgeschrieben.
Damit Deutschland gestärkt aus der aktuellen Krise hervorgeht, wird darüber hinaus noch ein Zukunftspaket in Höhe von über 50 Mrd. für die nächsten Jahre aufgelegt. Der Schwerpunkt der Maßnahmen wurde vor allem auf Innovationen im Bereich Klimaschutz und Digitalisierung gesetzt. Es werden u.a. zusätzlich 2,5 Milliarden Euro in den Ausbau moderner und sicherer LadesäulenInfrastruktur, die Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich der Elektromobilität und die Batteriezellfertigung investiert. Der Bund investiert außerdem in ein „Bus- und LKW-Flotten-Modernisierungs-Programm“, das privaten und kommunalen Betreibern zur Förderung alternativer Antriebe gleichermaßen offen steht. Um die Nachfrage nach E-Bussen zu erhöhen und den Stadtverkehr umweltfreundlicher zu machen, wird zudem die Förderung für E-Busse und deren Ladeinfrastruktur bis Ende 2021 befristet aufgestockt.
Auch Zukunftsinvestitionen von Herstellern und Zulieferern in der Automobilindustrie werden mit einem Bonus-Programm in den Jahren 2020 und 2021 mit 1 Milliarden Euro gefördert. Im Übrigen wird die Kfz-Steuer ab 2021 stärker an den CO2-Emissionen ausgerichtet, womit saubere Autos bei der Steuer günstiger sind als emissionsstarke Modelle.
Darüber hinaus erhält die Deutsche Bahn vom Bund zusätzliches Eigenkapital in Höhe von 5 Milliarden Euro. Damit kann sie auch angesichts Corona-bedingter Einnahmeausfälle in die Modernisierung, den Ausbau und die Elektrifizierung des Schienennetzes sowie in das Bahnsystem investieren.
Um die Digitalisierung voranzutreiben werden u.a. für den Aufbau eines flächendeckenden 5G-Netzes bis 2025 ganze 5 Milliarden Euro in die neue Mobilinfrastrukturgesellschaft investiert. Die geplanten Investitionen in Künstliche Intelligenz (KI) werden auch von 3 Milliarden Euro auf 5 Milliarden Euro erhöht. Außerdem wird die Digitalisierung der Verwaltung weiter gefördert, damit mehr Verwaltungsleistungen online zur Verfügung gestellt werden können.
Insgesamt bin ich voller Zuversicht, dass die Maßnahmen dazu beitragen werden, dass die Konjunktur in Deutschland angekurbelt und gleichzeitig die Zukunftsfähigkeit unseres Landes gestärkt wird.
Zur Finanzierung und Umsetzung der Maßnahmen hat der Deutsche Bundestag am 02. Juli 2020 den Zweiten Nachtragshaushalt 2020 beschlossen. Die Nettokreditaufnahme des Bundes steigt in diesem Jahr auf rund 217,8 Mrd. Euro. Das ist eine hohe Verschuldung, die aber aufgrund der aktuellen Situation unumgänglich war. Wir sind durch die Corona-Pandemie in der schwersten Krise seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Die Wirtschaftsleistung wird um mindestens 6,3 Prozent gegenüber 2019 zurückgehen. Die Exporte sind im April um rund 30 Prozent gegenüber dem Vormonat eingebrochen. Insgesamt haben in der Corona-Krise die Unternehmen für mehr als 12 Millionen Menschen Kurzarbeit angemeldet.
Aus diesem Grund müssen wir in einer solchen Krise auf das Instrument der Verschuldung zurückgreifen, weil jedes Hinterhersparen ökonomisch die Krise weiter verschärfen würde und damit die Kosten weiter erhöhen würde. Wenn die Corona-Krise überstanden ist, werden wir auch wieder zu einem ausgeglichenen Haushalt zurückkehren können. Das haben wir 2010 nach der Finanzkrise schon einmal hinbekommen und von 2014 bis 2019 sogar Überschüsse im Haushalt erzielt. Das gelang übrigens ohne Steuererhöhungen und Sonderabgaben. Es braucht auch jetzt keinen Corona-Soli und keine Vermögensabgabe oder Reichensteuer. Entscheidend ist Wirtschaftswachstum. Wenn viele Menschen in Arbeit sind und die Unternehmen gute Gewinne machen, werden die Steuereinnahmen automatisch steigen. Es ist auch unsere Aufgabe, die Staatsfinanzen im Blick zu behalten, um die Belastungen künftiger Generationen nicht zu verschärfen. Daher müssen die Defizite in den nächsten Jahren wieder abgesenkt werden, um das Ziel von ausgeglichenen Haushalten ohne neue Schulden zu erreichen.
Alle diese Maßnahmen und Programme werden allerdings nur dann Erfolg haben, wenn keine zweite, ähnlich massive Corona-Welle uns erfasst. Dazu kann jeder von uns beitragen. Bleiben Sie daher bitte vorsichtig und halten Sie Abstand.
Grundrente
Kurz vor der Sommerpause wurde mit dem Gesetz zur Einführung der Grundrente ein wichtiges Koalitionsanliegen verabschiedet. Die Einigung bei der Grundrente ist ein Erfolg, nachdem ähnliche Vorhaben in den vorangegangenen Wahlperioden gescheitert waren. Es ist natürlich am Ende auch ein Kompromiss, bei dem sich nicht alle Wünsche haben durchsetzen lassen.
Anspruch auf Grundrente werden zukünftig Menschen haben, die lange gearbeitet und in die sozialen Sicherungssysteme eingezahlt haben. Ferner werden Menschen begünstigt, die über ein geringes Einkommen verfügen und bei denen ein Bedarf besteht. Denn es gilt: Leistung muss sich lohnen und derjenige, der arbeitet, muss am Ende mehr im Portemonnaie haben als derjenige, der es nicht tut. Unser Bestreben war es auch, die Betriebsrenten für Geringverdiener zu stärken.
Mit der Grundrente werden geringe Verdienste mit einem Zuschlag künftig rentenrechtlich stärker aufgewertet. Voraussetzung für den vollen Zuschlag in der Rente sind 35 Jahre Beitragsjahre Grundrentenzeiten, d.h. Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Einen reduzierten Zuschlag können Berechtigte bereits ab 33 Jahren Grundrentenzeiten erhalten. Einkommen oberhalb eines Einkommensfreibetrags werden auf die Grundrente angerechnet. Die Zahlung des Zuschlags erfolgt automatisch, ein Antrag ist also nicht erforderlich.
Diese Aufwertung der Rente erfolgt aber nicht bedingungslos. Die volle Grundrente erhält nur, dessen zu versteuerndes Einkommen den Betrag von 1.250 Euro nicht überschreitet. Für Ehe- und Lebenspartner gilt ein gemeinsamer Betrag von 1.950 Euro. Damit hat die Union durchgesetzt, dass die Grundrente einkommensabhängig ist.
Darüber hinaus wollen wir gerade für Menschen mit geringem Arbeitsentgelt den Aufbau einer zusätzlichen arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung fördern. Für Menschen mit einem monatlichen Bruttoarbeitslohn bis zu 2.575 Euro wird der Förderbetrag zur betrieblichen Altersversorgung von derzeit maximal 144 Euro auf 288 Euro angehoben. Außerdem haben wir auch den steuerfreien Arbeitgeberbeitrag auf 960 Euro verdoppelt. Damit stärken wir die zusätzliche Altersvorsorge.
Die Grundrente muss nun im nächsten Schritt umgesetzt werden. Das bedeutet für die Verwaltung einen enormen Kraftakt, da nicht nur die Neurentner ab 01. Januar 2021 von der Grundrente profitieren sollen, sondern auch die ca. 26 Millionen Bestandsrenten überprüft werden müssen. Daher wissen wir, dass mit Inkrafttreten des Gesetzes am 01. Januar 2021 nicht sofort sämtliche Berechtigte in den Genuss der Grundrente kommen werden. Die Verwaltung wird die neuen Renten voraussichtlich ab Mitte 2021 berechnen können, und sie wird die bestehenden Renten bis zum 31. Dezember 2022 überprüfen. Ab dann besteht auch ein Durchsetzungsanspruch. Dabei sollen zunächst die lebensältesten Berechtigten in den Genuss der Grundrente kommen. Sicher ist jedoch, dass alle Berechtigte rückwirkend ab 1. Januar 2021 die Grundrente erhalten, selbst wenn erst später berechnet werden kann.
Ich wünsche Ihnen nach einem ereignisreichen und ungewohnten ersten Halbjahr 2020 eine erholsame Sommerpause. Passen Sie auf sich auf und bleiben Sie gesund!
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Hendrik Hoppenstedt, MdB